Das Kreuz in St. Johannes

Im Kreuz ist Leben

An dieser Stelle setzen wir den Streifzug durch unsere Johanneskirche mit einer Beschreibung des bronzenen Hängekreuzes im Chorraum fort.

"Unser Kreuz zuhause sieht aber ganz anders aus!" stellt ein Junge fest, der das Kreuz im Chorraum unserer Kirche betrachtet.

Tatsächlich ist die Form des großen bronzenen Hängekreuzes ja auch etwas ungewöhnlich: Eine große Scheibe mit vier "Auswüchsen", die ein Kreuz mit gleichlangen Balken bilden ("griechisches Kreuz"). Die Scheibe ist unterteilt: Ein breiter Außenring trägt vier mächtige Bergkristalle, die im Quadrat angeordnet sind. Die Mitte bildet eine tiefblaue Keramikscheibe.

Davor "schwebt" Christus, mit einem langen goldenen Gewand bekleidet, mit angewinkelten, erhobenen Armen, die offenen Handflächen mit den Wundmalen dem Betrachter entgegenhaltend. Statt der Dornenkrone umstrahlt ein Heiligenschein sein Haupt. Die Dornenkrone ist aus dem Kreuzring herausgeschnitten und verbindet die vier großen Bergkristalle. Die Kreuzbalken sind mit vier kleineren Bergkristallen geschmückt. Die Enden der Querbalken und des unteren Balkens sind mit dreiteiligen Ornamenten versehen: In der Mitte jeweils eine Art Lanzenspitze, begleitet von zwei sternförmigen Gebilden. Der Balken über dem Haupt Christi trägt die kopfüber mit ausgebreiteten Flügeln herabschwebende Geisttaube.

Bronzenes Hängekreuz von St. Johannes

Bronzenes Hängekreuz von St. Johannes

Auf der glatten Rückseite des Kreuzes liegen im Kreis angeordnet die Leidenswerkzeuge auf: Lanze und Geißeln gekreuzt in der Mitte, umgeben von Hammer, Zange und Nägeln. Dazu kommen das Gewand Christi, die Würfel, mit denen die Soldaten des Hinrichtungskommandos um das Gewand Christi gelost haben und eine Tasche, wohl mit den 30 Silberstücken, für die Judas den Herrn verraten hatte. Auch auf der Rückseite sind die Balkenenden des Kreuzes mit vier mittelgroßen Bergkristallen geschmückt.

Der Glasmaler und Bildhauer Manfred Espeter, Münster, hat 1972 einen Großteil der Ausstattung nach der Umgestaltung unserer Kirche geschaffen, u. a. das Hängekreuz. Als Grundform wählte er eine Sonderform mittelalterlicher Kreuze: das Scheibenkreuz (vgl. Soest und Hildesheim). Auch eine weitere Eigenart ist im Hochmittelalter verbreitet: Christus wird nicht als entblößter Leidensmann gezeigt, sondern er ist - entgegen dem biblischen Bericht - in ein langes Gewand gehüllt.

Darf der Künstler so mit der Geschichte umgehen? Bei Allem, was wir über Jesus erfahren, ist uns immer schon klar: Jesus ist auferstanden, er lebt. Deshalb ist unser Jesus kein "Kruzifixus", also nicht der "Angeheftete", der in seiner entsetzlichen Qual am Kreuz hängt, sondern als Auferstandener steht er aufrecht vor der blauen Scheibe, die den Kosmos darstellt, in "Gewänder des Heils" gehüllt.
"Als König herrscht der Herr am Kreuz", wie es in einem Kreuzeshymnus (GL 834,3) heisst und "Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit" (GL 564).

Die Bergkristalle sowie der Heiligenschein und das Gold des Gewandes symbolisieren das Licht, das durch Christus in die Welt gekommen ist. Das Leiden ist überwunden: Dornenkrone und Leidenswerkzeuge lässt er hinter sich (Rückseite des Kreuzes). Das Kreuz ist Werkzeug des Todes, der Qual und der Schande.

Aber die Liebe Christi, die ihn bewegte, alles das freiwillig auf sich zu nehmen, verwandelt das Kreuz in ein Zeichen des Lebens, der Freude und der Hoffnung.

Pfr. Bernhard Deus